Translate

Donnerstag, 12. März 2015

Route 66 - und er tut es wieder!

Es ist ja nicht eine einfache Sache so ein Abenteuer zu finden, bei dem man nicht unbedingt Kopf und Kragen riskiert. Dres Balmer ist Spezialist für solche Abenteuer.


Dres Balmer mit Rückenwind
Dres Balmer, bekannt als Reiseführer aus der SRF3-Samstagmorgen-Sendung "Uf und dervo", hat den Veloreiseführer Route 66 geschrieben.

Das heisst, Balmer fuhr die rund 4'000 km lange Überlandstrasse zwischen Chicago und Los Angeles mit dem Velo ab, um uns darüber berichten zu können, was es Sehenswertes und weniger Sehenswertes oder gar nichts zu sehen gibt entlang dieser legendären Strasse der Hoffnung.


Balmer schreibt wie er redet. Das ist unbedingt nötig, denn er macht beides auf sehr unterhaltsame und originelle Weise. Wer den Berner Oberländer Dialekt mag, wird ihn im Ohr haben, was seine Schilderungen noch authentischer macht.

Es gibt unzählige Route-66-Führer. Ich habe diesen gewählt, weil ich mir erhoffte mehr zu erfahren von einem, der das mit dem Velo machte als einer, der die Strecke mit dem Auto abfährt. Ich wurde nicht enttäuscht. Balmer hat Dinge erlebt, die man als Autofahrer, selbst in einem Cabrio, gar nicht vor den Kühler bekommt. Er hingehen reichlich Dinge vor das Guidon. Ich rede nicht von den unzähligen Plattfüssen, die Balmer reparieren musste und auch nicht vom Gegenwind, Balmer's grösster Feind auf dieser Tour. Ich meine etwa den Zustand der Strassen und speziell die Pannenstreifen oder die Menschen, die beim Velo immer auf Rufweite zu erreichen sind. Und wo sonst als bei einem Velofahrer bekommt man ein Inventar darüber geliefert was sich neben der Fahrbahn findet?

Mir wäre es nie in den Sinn gekommen, mit dem Velo die Route 66 abzufahren. Nicht weil ich dazu etwa a priori zu faul oder zu feige wäre, ich fahre zuhause immer Velo, besitze nicht mal ein Auto, sondern weil ich gelernt habe, dass man in den USA ohne Auto so ziemlich chancenlos verloren ist. Balmer geht das so und er beschreibt seine Befürchtungen und die Lösungen dazu auch. Er ist eiN Meisterdresseur seines inneren Schweinehundes. So darf man den Reiseführer auch lesen.

Macht genau dieser Effekt dann das eigentliche Abenteuer aus? Nicht aus meiner Sicht. Denn mein Trip wird wieder mit meinem Sohn sein, mit dem ich letztes Jahr im Sommer die Florida-Tour machte. Siehe dazu unseren On-The-Road-Trip-Blog.
Wir planen im Sommer 2016 in Detroit einen Ford Mustang Convertible zu kaufen und dann die Tour Detroit-(Zu Besuch bei Verwandten)-Chicago-Oklahoma(ein weiterer Verwandten-Besuch)-Los-Angeles-San-Franzisco-Silicon-Valley zu unternehmen. Ziel ist die Standford University, wo wir erkunden wollen, was wir dort lernen könnten.


Doch nach der Lektüre von Balmer's Reiseführer wanke ich. Könnte man die Tour auch anderes organisieren? Es ist ja noch eine Zeit bis dahin. LAssen wir die Entscheidungen reifen.

Ich fragte bei Dres Balmer nach. Vielleicht hat er noch ein paar aufmunternde Argumente, sich die doppelte Zeit zu nehmen. Ich wollte wissen:


1. Würden Sie diese Tour nochmals machen? Oder eine ähnlich lange und anstrengende?
2. Nicht nur aus Sicht der Amerikaner ist ein solches Unterfangen ein Projekt eines Eigenwilligen. Warum soll man einmal im Leben so etwas tun und was kann man sich und den anderen damit beweisen? Muss man sich in einem bestimmten oder unbestimmten Alter so oder anders heraus fordern?
3. Was bleibt nach einem solchen Abenteuer zurück?

Dres Balmer's Antworten gebe ich hier 1:1 wieder:


1. Noch einmal machen? Ja, dieses Jahr vom 1. Mai bis 1. Juli, mit sechs Radlerfreunden und einer Velofreundin. Lang, anstrengend? Lang: Die Route 66 ist mit ihren rund 4'000 Kilometern und 18 000 Höhenmetern ein eher mildes Unternehmen im Vergleich zu den Umrundungen des Schwarzen Meers und der Ostsee, die wir danach unternommen haben, bei denen man auf bis 5'500 km 50'000 Höhenmeter schluckt. Wie anstrengend ?: Das kann der Fahrer stark mitbestimmen. Es gibt Leute, welche die R 66 in drei Wochen machen und sich so auf den Sport konzentrieren. Ökonomische Fahrweise und ein paar Ruhetage mildern die Anstrengung. Dann: Den meisten Menschen ist nicht bewusst, ein wie effizientes Fortbewegungsmittel das Velo ist, mit wie wenig Kraft man wie weit kommt. Der Wirkungsgrad beim Velofahren ist ein Vielfaches des Wirkungsgrades von Motorfahrzeugen. Die Meisten denken: Jesses Gott, 4'000 Kilometer mit dem Velo, und wissen nicht, dass auch ungeübte Anfänger nach einer Woche locker hundert Kilometer am Tag radeln. Es gilt da nur, Vorurteile hinter sich zu lassen, verbreitete Unkenntnis durch eigene Erfahrung abzubauen, dann ist es wie eine Erleuchtung. Und dann ein wenig psychologische Selbstüberlistung: Die Zahl viertausend vergessen, höchstens an hundert denken, und nach einer Woche stellt man staunend fest, dass man schon siebenhundert, also ein Fünftel des Gesamtkunstwerks, geschafft hat. 

2. Eigenwillig. Die Route 66 ist ein Monument der USA, der Geschichte der Automobilität, des Amerikanischen Traums vom Paradies im Westen, von der Enttäuschung dort (–> Früchte des Zorns), sie ist eine der schönsten und traurigsten Landstrassen der Welt, sanft, mit nur einem Pässchen. Sie ist eine grandiose Einladung an Velofahrer, und für einen solchen Klassiker braucht es eigentlich nicht viel Eigensinn, aber ein wenig Entschlossenheit, Ausdauer und Geduld schon. 

Im Vergleich zu wackerer Tourismus-Ästhetik allerdings braucht es für die Fahrt schon etwas Eigensinn. Der Tourist fragt: Was gibt es auf der Route 66 für Sehenswürdigkeiten zu bewundern? Antwort: Fast keine. Also geht der Tourist, welcher Death Valley, Yosemite und Las Vegas braucht, an diese Orte, und die Route 66 ist da für Reisende, die Anderes sehen können als Sehenswürdigkeiten.

Warum man es tun soll? Lebe deinen Traum, statt nur vom Erlebnis zu träumen, oder so ähnlich. Beweise? Es ist körperliche, seelische, geistige Lebensfreude. Dann das Verschiebe-Phänomen: Die meisten sagen, sie machen die Route 66, wenn sie pensioniert sind, dann aber haben sie einen dicken Bauch und sind faul geworden, machen sie nicht.


3. Schöne Erinnerungen, Freude, ein bisschen Stolz, und Lust, Ähnliches zu probieren.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen