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Dienstag, 10. November 2015

Wie tickt Google? - Moonshot Thinking

Man stelle sich vor man würde eingeladen Teil eines neuen Landes zu werden. Eine Nation zu gründen, die keine Grenzen und noch keine Regeln hat, ausser, dass jeder denken soll was er denken will. Was wäre deine erste Massnahme?
Meine wäre es dafür zu sorgen, dass ich ganz viele, ganz gescheite Menschen um mich herum scharren würde. Menschen, die gescheiter sind als ich und einen grösseren Rucksack mitbringen als ich einen habe. Ich würde ihnen sagen, sie müssten frei denken und sie sollten TUN und ihr Bestes geben. Was würde geschehen? Wir würden innert weniger Jahren so stark werden wie die stärksten der alten Nationen und wir würden sie überholen. Wir würden soviele Menschen erreichen wie kein anderes Land und würden diese beeinflussen wie keine andere Regierung sie beeinflussen könnte. Und wir wären frei von allen Nationalismen. Gut, Demokratie würden wir nicht einführen. Wir würden als Team der Intelligentesten diese Nation regieren so wie wir sie aufgebaut haben. Weil wir wissen, was gut ist für die Menschen. Möchtest du nicht auch Mitglied dieser Nation sein?

Nein? Warum bist du es denn schon? Hast du noch nicht realisiert, wie wir dein Leben gestalten? Bei uns brauchst du keinen Pass. Falls du einen anderen hast, kannst du ihn bald beruhigt wegschmeissen, denn wir haben mehr über dich registriert als dein Staat, der dir den Pass ausgestellt hat. Glaube mir, unser Wissen über dich ist relevanter als alles was deine Wohngemeinde, deine Heimatgemeinde, dein Kanton und der Bund über dich weiss. Denn wir besitzen deine Daten. Daten die du uns freiwillig jeden Tag zukommen lässt. Weil du unsere AGBs entweder gar nicht gelesen oder deren Bedeutung überhaupt nicht verstanden hast. Siehst du. Bist du jetzt nicht ein guter Bürger, eine gute Bürgerin unserer Nation?

Inspiriert hat mich dieser Text wegen eines Gesprächs mit dem Institutsleiter eGovernment bei der Berner Fachhochschule und dem Vorwort von Google-Mitgründer Larry Page im Buch von Eric Schmidt und Jonathan Rosenberg mit dem Titel "Wie tickt Google?".
Enjoy!

Dienstag, 3. November 2015

Heimatschottland Heimatland

Heimatschottland war zu meiner Kinderzeit ein Ersatzfluch für Heilanddonner. Was man nicht in Anwesenheit Erwachsener sagen durfte. Von Erwachsenen habe ich es aber gelernt. Genauso wie heute die Jungen von Erwachsenen lernen über Ausländer zu fluchen oder sie gar zu hassen. 30% der Schweizer BürgerInnen haben diesen Herbst der Hasslinie der SVP zugestimmt, weil wir ein "Asylchaos" haben sollen.

Als ich ein Jugendlicher war, gingen wir auf die Strasse und demonstrierten gegen den Vietnam-Krieg, gegen den Militär-Umsturz in Chile. Wir waren Friedenstauben und lebten in Friede, Freude, Eierkuchen. Im Schweizer Film "Heimatland" ist keine Rede davon. Hier geht es in einer Parabel zur Sache. Nämlich der Analyse des Zustandes einer desorientierten Schweizer Bevölkerung, die sich von einer zahlungskräftigen Minderheit von 10% der stimmberechtigen Bevölkerung ins Boxhorn jagen lässt. Vor unserer Haustüre tobt seit vier Jahren ein Bürgerkrieg mit Millionen von vertriebenen Menschen, die sich diesen Herbst losgemacht haben aus ihren elenden Zeltstädten und sich auf den Weg nach Europa begaben. Wie eine Wolke treiben sie nach Mitteleuropa. Unheilsschwanger, alles bedrohend. So wird es im Film symbolisch dargestellt. Die beiden Jungregiesseure haben vor vier Jahren mit der Idee zu diesem Film begonnen. Da haben sie noch nicht wissen können, was wirklich auf Europa zukommen wird. Was sie wussten war, dass eine extremistische Politsekte das Schweizer Volk unablässig aufhetzt gegen andere Minderheiten, faschistoide Wahlkämpfe führt und so Schritt für Schritt die politische Agenda beherrscht, die jenseits der Wirklichkeit Themen setzt. Sinnlose, nur dem Zweck des unablässigen Machtaufbaus der Milliärdäre und Multimillionäre dienend. Im Herbst 2015 ist die Drohkulisse über dem Land Schweiz keine Fiktion mehr. Die Realität hat sie eingeholt. Soviel Fantasie hatten die 10 Filmemacher nicht, um nun eine Dystopie vorzulegen. Sie dokumentierten Realität. Ungewollt, aber mit zwingender Logik.

10 junge Filmautoren und -regiesseure haben gemeinsam einen dichten, manchmal schier unerträglich dichten Film produziert, dem jede Heiterkeit abgeht. Das sei schon verraten. Dort wo Hollywood etwa nach zwei Drittel des Filmes einen Höllenspektakel, generiert mittels Grafikcomputern, der uns seelische Erleichterung gebracht hätte, weil ja bei Hollywood die Guten in solchen Szenerien überleben, treibt Heimatland unbeirrt den Horror weiter. Und die "Guten" überleben es nicht, nur die "Zweitguten" entkommen dem, was in unseren Hirnen und Seelen schon längstens zum desaströsesten Sturm den wir je gesehen und überlebt haben. Auch das sei verraten. Ein richtig guter Kinofilm. Er sei hiermit dringend empfohlen.

Fazit: Unbedingt im Kino mit anderen Schweizern ansehen! Ich habe es auch getan und zwar mit Neo-Nationalrat Erich Hess und dem Ungewählten Thomas Fuchs. Sie haben es überlebt, ich habe sie überlebt.
Und: unbedingt die Karriere der Macher weiterverfolgen. Da sind Hochtalente am Werk gewesen. Und: nach dem Film sich sagen: Heilanddonner Schweiz, so kann es nicht weitergehen!

Montag, 7. September 2015

HELL'S CLUB.



So geht Cutting. Ein wirklich hervorragend gemachter Zusammenschnitt aus unzähligen Filmen mit fast jedem Filmstar der letzten Jahre. Als ob die alle im selben Club abfeiern würden....

Samstag, 13. Juni 2015

Love & Mercy

Für meine jüngeren Leser zum Einstieg, das waren die Beach Boys: Surfin USA.

Love & Mercy ist das Biopic über Brain Wilson, dem musikalisch-genialen Mastermind hinter den Beach Boys. Er ist der verantwortliche Komponist hinter dem so typischen Surf-Sound, der dem ganzen Staat Kalifornien seine akustische Identität verlieh und noch heute bei mir entsprechende Bilder provoziert, wenn bloss ein Akkord angeschlagen wird.

Mir war die tragische-dramatische Geschichte des Brain Wilson bisher nicht (mehr) bekannt. So ging ich mit interessierter Erwartung in diesen Film, der mich ziemlich überzeugte, und sehr berührte. Das hat sicher mit der sehr eindrücklichen schauspielerischen Leistung von Paul Dano zu tun, der Wilson in den entscheidenden jungen Jahren gibt. Demgegenüber scheint mir John Cusack eher etwas Mühe mit der Darstellung des späteren Brain Wilson zu haben. Den Bösewicht in diesem Film gibt der genail agierende Paul Giamatti. Seine Auftritt sind wie für einen Bösewicht vorgesehen (Es ist eine unumstössliche Regel, dass der Böswicht A. sehr ungenau gezeichnet wird, dass dessen Auftritte entsprechend selten und wenn, dann pointiert zu erfolgen haben.) spärlich, aber immer sehr intensiv und ausgesprochen böse und aggressiv. Giamatti macht das hervorragend. Zumindest bei mir krampft sich der Magen jedesmal zusammen und man begreift, wie sehr Brain Wilson unter seinem Psychotherapeuten leidet. Seine Gegenspielerin gibt die subtil wirkende und schliesslich befreiende Elisabeth Banks als Freundin und spätere Frau Melinda Ledbetter.


Der Film erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen im Wechsel. Ob dieses beliebte Muster auch für diesen Film geeignet ist, daran zweifle ich. Linear erzählt hätte der Zerfall von Wilson eindringlicher erzählt werden können. So wie der Film nun geschnitten ist, wird der Zuschauer ständig aus dem Sog gerissen, in dem sich Wilson befunden haben muss. Derart verliert der Film an Dringlichkeit und Intensität.

Nichts desto Trotz lohnt sich dieses Biopic für all jene, die eintauchen wollen in ihre Kind- und Jugendzeit und besonders für die an der Popgeschichte interessierten Musikliebhaber.

Ich gebe für diesen Film 4-Sterne auf LetterboxD.

Jurassic World

Jurassic Park von Steven Spielberg löste 1993 eine einzigartige Dinosaurier-Welle über den ganzen Globus aus. Spielberg schuf mit diesem Projekt was nicht viele schaffen. Der Film war der Motor , ein einziger Werbespott für die Spielzeughersteller. Inhaltlich und filmisch war das alles nicht gerade herausragend. Speziell aber war die ganze Filmtrickserei und vor allem der Einsatz von CGI.

Jurassic World knüpft nun an der Trilogie an und treibt die Geschichte zu einem neuen Höhepunkt. Michael Crichton, der die Geschichten erfand, zeichnete auch dieses Mal wieder die Charaktere. Das Drehbuch folgt dem klassischen Prinzip des Hollywood-Secret. Mit anderen Worten, die Handlungen sind absehbar und entsprechend ist der Film getragen von Klischees und Langeweile. Das erste Filmdrittel kann man auslassen, weil es ausser der Intro der Charaktere wirklich zu nichts nutze ist. Dafür aber hat es das letzte Drittel in sich. Da fliegen die Dinofleischfetzen nur so durch den 3D-Raum. Die typisch gezeichnete Themenpark-Architektur wird in ihre Einzelheiten zerlegt. Übrig bleibt als Held der ins Alter gekommene Dino aus den ersten drei Teilen. Nein, nein, das war sicher keine Anspielung auf Steven Spielberg.

Zum Cast mag ich nicht viel sagen. Die Schauspieler verschwinden hinter der Stereotypie ihrer Figuren. Ob es Chris Pratt zum neuen Action-Star reicht, wird sich zeigen. Mir ist er als Typ viel zu nah an Sam Worthington.

Eigentlich ist der Film eine Schlafpille, aber wie erwähnt, ist das letzte Drittel genial gut gemacht. Darum gebe ich 3.5 LetterboxD-Sterne.

Sonntag, 26. April 2015

Jeremiah Johnson


Heute Abend zeigte ARTE Jeremiah Johnson von Sidney Pollak und Robert Redford in der Hauptrolle als Jeremiah, einem Mountain Man in den Rocky Mountains. Der Film aus dem Jahr 1972 erzählt die Geschichte eines Aussteigers, der sein Glück in der Verlassenheit der Berge sucht. Als blutiger Anfänger als Trapper durchläuft er alle Stufen der Entbehrungen und Irrtümer bis er einem alten Trapper begegnet, der ihn in die Geheimisse der Natur und jener der Crow-Indianer einführt. Erst nimmt er einen verwaisten Jungen auf und heiratet dann eine Crow. Gemeinsam bauen sie sich ihre Blockhaus und organisieren ihr Leben in völliger Autarkie. Alles geht gut, bis eine Armeeeinheit seine Hilfe in Anspruch nimmt. Dann läuft das Leben aus dem Ruder.



Dieser Film war damals wichtig für mich, führte er doch mein Lebensgefühl aus Zeiten von Karl May und dessen Winnetou und Old Shatterhand weiter. Robert Redford wurde zu meinem bevorzugten Schauspieler.
Es war die Hochblüte meiner Pfadfinder-Zeit. Die USA und die Geschichte der Indianer beschäftigten mich in meiner Jugend intensiv. Der Film versetzte mich in die Lage, meine Sehnsüchte Teil dieses Lebens zu sein, auszuleben. Der Soundtrack eröffnete mir die Welt der Singer-Songwirter-Country-Music bis zum heutigen Tag.

Für die Qualität des Films und seine damit für mich verbundenen Emotionen gebe ich dem Film 4-Sterne und ein Like bei Letterboxd.com.

Vom Opfer zum Täter und zurück

Wir leben leider wieder in Zeiten der Verführung. Verführung, die auf Entfremdung basiert. Karl Marx argumentierte ausgehend von Hegel, dass sich der Mensch im Angesicht der ausschliesslichen Profitorientierung von seinem Produkt wie auch von sich selbst entfremdet. Wer sich von sich selbst entfremdet, entfremdet sich auch von seinen Mitmenschen, möchte ich ergänzen. Die Folge davon ist die Vereinsamung und damit Einhergehend die Desorientierung. Desorientierung und die Unmöglichkeit der Reflektion und der Selbstreflektion ist der Boden auf dem Verschwörungstheorien wachsen. Und die Verführung, resp. die Manipulation. Wie sehr dafür (wieder) empfänglich geworden sind, ist in diesem Video von ZDF_NEO nachzuvollziehen. Es zeichnet einen Workshop zum Thema Rassismus und dessen Mechanismen nach. 

Ich weise darauf hin, dass man sich bei aller Abgeklärtheit kaum dem Sog dieser Bilder entziehen kann. Sie zeigen Realität fern jeder Fiktion. Wer nicht ganz abgestumpft ist, wird davon einen tagelangen nachhall mit sich tragen. Das ist was ich beabsichtige und dieses Werk mit meinen LeserInnen teile.


In diesem Zusammenhang sollte man sich auch einige Gedanken zu Leadership machen. Was macht einen Leader zum Leader? Wir funktionieren die Massen? Wie wird Masse kreiert und wie wird sie verführt. Hier eine andere interessante Stilstudie dazu:


How to REALLY get the party started #Lead #Follow #Repeat
Posted by Koyote on Sonntag, 28. Dezember 2014



Donnerstag, 23. April 2015

Letters to Juliet

Eine amerikanische Jungschriftstellerin Sophie besucht mit ihrem Verlobten Verona, die Stadt von Shakespear's Romeo und Juliet. Ihr Verlobter Victor (gespielt von Gael Garcia Bernal) ist als künftiger New Yorker Restaurantbesitzer auf Besuch seiner Lieferanten und überlässt in beruflichem Eifer seine Sophie ihrem Schicksal. Diese findet kurzum zu den Sekretarinnen von Juliet, die sich die Mühe nehmen, Briefe an Juliet, welche von Touristinnen im Mauerwerk des Geburtshauses von Juliet hinterlassen werden, zu beantworten. Wie es das Schicksal so will, findet Sophie einen 50 Jahre alten Brief der Engländerin Claire in der Mauer. Claire beschreibt ihre Liebe zu Lorenzo Bertolli und frägt Juliet, ob sie Lorenzo folgen soll. Sophie weiss eine Antwort darauf. Bereits eine Woche später steht Claire vor ihr in Verona. Sie hat den Willen ihren Lorenzo wieder zu finden. Sophie und der snobistische Enkel Charlie begleiten Claire quer durch die Toscana, um die 74 Lorenzo Bertolli's heimzusuchen, solange bis sie den richtigen finden würden. Rasch liegt es auf der Hand, dass in diesem Feel-Good-Movie, dieser klassischen Love Story, nicht nur ein Liebespaar sein Happyend finden würde. Selbstverständlich nicht ohne etwelche Missverständnisse überwinden zu müssen.

Ein wirklich ergreifener Moment kreiert der Film in jener Szene, in der sich Vanessa Redgrave (Claire) und Franco Nero (Lorenzo) endlich gegenüberstehen. Hier trifft sich nicht bloss ein Schauspielerpaar, hier tritt eine Generation zum letzten Auftritt an. Eine ganze Mediathek an Filmen trifft sich in diesem Moment und kondensiert sich zu einer tiefen Emotion. Das gilt natürlich nur für jene, die mit Franco Nero und Vanessa Redgrave alt geworden sind. Einfach wunderbar.

Es tut zuweilen gut am Ende einer Arbeitswoche einen derartigen Film zu sehen und für zwei Stunden das wahre Leben zu vergessen. Selten geht eine Liebesgeschichte so rührend zu Ende.

Als wenig routinierter Liebesfilmgucker gebe ich alleine wegen des Auftritts der beiden Altstars 3-Sterne.

Mittwoch, 8. April 2015

Der Banker - Master of the Universe

Rainer Voss war einer der führenden Investmentbanker in Deutschland. Er machte Gewinne in Millionenhöhe. Jetzt sitzt er in einer verlassenen Bank mitten in Frankfurt und redet zum ersten Mal. Öffentlich und ungeschminkt gibt er einen Einblick in die Denkweise und Mechanismen eines sorgfältig abgeschotteten Systems. Vor dem Zuschauer baut sich Stück für Stück die beängstigende Innenperspektive einer größenwahnsinnigen, quasi-religiösen Parallelwelt hinter verspiegelten Fassaden auf. Rainer Voss berichtet von seinem eigenen Aufstieg in den 1980er-Jahren, zeitgleich mit den Banken. Bis auch ihn die Krise traf. Er wurde entlassen.

Hier kann man lernen, warum es 2008 zum Kollaps kam und warum es uns bis heute, 2015, immer schlechter geht. Man mag es Kapitalismus nennen, es ist aber ein Finanzsystem, das darauf basiert, dass man mit viel Geld sehr viel Geld verdienen kann. War das die Idee des Bankenwesens?


Der Film wird noch bis April 2015 angeboten: Hier geht es zur Streaming-Plattform vom Hessischen Rundfunk.


Nachtrag vom 9. April 2015: Leider hat die ARD den Film schon aus dem Angebot genommen. Das ist sehr bedauerlich. Ich recherchiere, wo man den Film noch zu sehen oder zu kaufen bekommt.

Nun ist der Film auf Youtube zu finden.

Dienstag, 7. April 2015

Før snøen faller - Before Snowfall - Der Junge Siyar

Eine kurdisch-norwegische-deutsche Produktion über den Jungen Siyar, der sich auf gefährliche Europadurchquerung von Kurdistan bis Oslo begibt, um seine Schwester zu töten. Die Schwester besudelte die Familienehre, weil sie kurz vor ihrer vermittelten Hochzeit mit ihrem wirklichen Liebhaber durchbrannte. Bis nach Oslo, wo sie sich vor den Häschern, ausgesendet wegen einer mittelalterlichen Tradition, sicher fühlen sollte.

Für Siyar ist das Unterfangen eine Odysee, die ihn auf halben Weg schwimmend in einem Oeltankwagen nach Istanbul führt, wo er auf Evin trifft. Sie führt ihn in ein urbanes türkisches Leben ein, klaut ihm zuerst das Portemonnai und dann ganz sanft seine Seele. Gemeinsam machen sie sich auf und gelangen mit der Hilfe von Freunden aus dem kurdischen Dorf und finden dank professioneller Schlepper auf europäischen Boden. Nicht ohne mit diesen in Zwist zu geraten.

Via Berlin, wo Evin noch ihren Vater trifft und lernen muss, dass sie das Resultat eines Techtelmechtels zweier Freiheitskämpfer war und dass sie keine Familie hat, deren Ehre jemand verteidigen will. Irgendwann kommen sie in Oslo an und finden auch bald die Schwester von Siyar.

Der Film ist sehenswert und ertragenswert. Gradlinig und ehrlich erzählt wie damals der neorealistische italienische Film. Zwar sehen wir viel heruntergekommene Stadtteile oder unterentwickelte Gegenden in der Türkei und Kurdistan. Nie aber ist der Film voyeuristisch, nie ist er moralisch. Er beschreibt, klagt nicht an, beschönigt nichts und suhlt sich nicht im Elend. Als Mitteleuropäer sitze ich da und verstehe wenig von den Motiven des Siyars. Man mag sie einfach nicht glauben, nimmt sie einfach hin.

Ich gebe dem Der Junge Siyar, resp. Før snøen faller bei LetterboxD unter dem Titel Before Snowfall vier Sterne und ein Like.

Montag, 23. März 2015

Sean Faris

Johnny Depp (*1963), Brad Pitt (*1963) und Tom Cruise *(1962) haben die Grenze zu 50+ überschritten. Man nimmt ihnen den jugendlichen Macher, den Actionheld nicht mehr ab und wir werden erleben, wie sie allmählich ihr Rollenfach wechseln. Wenn sie als Schauspieler nicht untergehen wollen wie ein Harrison Ford leider tat.

Eine nächste Generation steht in den Startlöchern, bereit in die Fusstapfen der Grossverdienern zu treten.
Ich finde es immer wieder spannend zu beobachten, wer von den nachstossenden Talenten ein Hollywood-Kronprinz sein könnte. Dieses Wochenende entdeckte ich für mich Sean Faris. Typ, ähnlich eines Tom Cruise, ohne aber dessen Verbissenheit oder Ehrgeiz?

Ich sah in das erste Mal im Film The Fighters - Never Back Down.

Der Film aus dem Jahr 2008 erzählt die Geschichte eines Aussenseiters, der an eine neue Schule kommt und sofort als Underdog unter die Räder des stärksten Kämpfers an einer Schule in Orlando, FL kommt. Über den Verlauf der Geschichte braucht es kaum noch weitere Erläuterungen. Immerhin sei auf die filmische Solidität verwiesen und auf die bemerkenswerten Stunts und Darstellung der Ring- und Boxkämpfe. Und eben auf das Spiel von Sean Faris. Er füllte die Rolle mit grosser Authentizität aus. Dafür bekam er dann auch den MTV Movie Award. Dem Film gebe ich insgesamt 3-Sterne.

So heftete ich mich letztes Wochenende an Faris Fersen und schaute mir die Filme: Freerunner, Yours, Mine & Ours sowie Ghost Machine an.  So schlecht die Streifen waren, so schlecht fand ich auch die Arbeit von Faris. Soll einen das wundern? Nur im Remake von Im Dutzend billiger: Yours, Mine & Ours von Dennis Quaid brillierte er in einer Nebenrolle von Quaid als dessen ältester Sohn.

Für 2015 sind zwei Filme angesagt. The App und Avouterie. Beide scheinen der Kategorie B-Movie anzugehören.

Meine Prognose: Wenn der mittlerweile 33-jährige Faris demnächst eine seriöse Rolle in einem Blockbuster erhält, hat er sicher auf der Leinwand das Potential zum Star aufzurücken. Wie es allerdings in der Realität aussieht, weiss ich natürlich nicht. Hätte er nicht nach The Fighters durchstarten müssen? Warum hat er nachher vor allem für das TV gearbeitet und zwei unterklassige Filme gemacht? Ein Persönlichkeitsproblem oder eine schlechte Agentur?

Warum sind die meisten Schweizer Filme so schlecht?

Dieser reisserische Satz finden man im TagesAnzeiger-Magazin vom 21. März 2015. Die Story auf Seite 30 beginnt dann nicht mehr derart apodiktisch, der Titel heisst dann: "Filme machen lernt man nicht in der Schweiz". Autorin dieser Geschichte ist Denise Bucher (weder verwandt noch verschwägert).

Das alles ist natürlich ein ziemlicher Blödsinn, denn viele Schweizer Filme der letzten 40/50 Jahre sind für einen viersprachigen Kleinstaat gut. Man braucht nicht bis in die 70er zurückzugehen, wo der Schweizer Film seinen international beachteten Beitrag zum Nouvelle Cinema ablieferte. 


Und man muss nicht bis der "Chrieg" warten, bis man auf einen bemerkenswerten Film stösst. Der vierfach preisgekrönte "Der Kreis" zum Beispiel fand nicht nur in der Schweiz seine Bestätigung, sondern an ziemlich vielen anderen Orten der Welt auch. Obwohl es fast auch ein "Experimentalfilm" war. 

Fast scheint es, Denise Bucher wolle "Chrieg" hoch schreiben, gerade weil er beim Schweizer Filmpreis nicht der Abräumer war. Aber immerhin, wegen ihrem Beitrag werde ich mir den Film sicher noch anschauen gehen.

Was aber ist wahr am Artikel von Bucher? Unter Ivo Kummer als Chef Abteilung Film beim Bundesamt für Kultur scheint schon eher wieder das Mittelmass im Fokus zu stehen als bei seinem Vorgänger Nicolas Bideau. Dieser neigte zu kommerziellen Experimenten und setzte etwa mit dem verunglückten Animationsfilm Max und Co. einige Millionen in den Sand. So etwas wird Kummer wohl kaum durch gehen lassen.

Wie Bucher schreibt, ist die Basis des Films die gute Geschichte und das Drehbuch. Diese Meinung teile ich. Darum habe ich ja auch meinen Blog so benannt: Buch und Film. Beides interessiert mich brennend.

Man müsste man der Schweizer Filmförderung zurufen: weniger Filme, mehr gute Geschichten und überzeugende Drehbücher! Und: Mut zur Innovation!


Denn: gute Drehbücher kann man auch im Ausland verfilmen. Das zeigt ja der "Chrieg" auch, der sich der modernen Zeitrechnung angepasst hat und sich verhält wie die nächste James-Bond-Produktion. Die drehen auch in Österreich und tun so als wärs in der Schweiz. So wird optimiert und das zur Verfügung stehende Kapital ins Produkt gesteckt, statt in teure Sets. 


Würde man so tun, käme  auch der Titel des Artikels von Denise Bucher zum Stimmen: Filme machen lernt man nicht in der Schweiz - gute Geschichten erfinden und geniale Drehbücher schreiben, das schon.

Mittwoch, 18. März 2015

The Loft

Der belgische Regisseur Erik Van Looy zieht in seinem englischen Remake von The Loft ein echtes, auf weite Phasen ein spannendes Vexierspiel auf.

Fünf treulose Ehegatten kaufen sich ein gemeinsames Liebesnest für die Realisierung ihrer schärfsten Träume. Das geht so lange gut, bis sie eine mit Handschellen ans Bett gefesselten, scheinbar toten Frau finden. Einer von ihnen muss offensichtlich durchgedreht haben. Schliesslich gibt es nur fünf Schlüssel zur Loft. Der Film dreht sich nun kammerspielmässig umgesetzt um die Frage, wer der Mörder war.

So einfach ist der Plot. Komisch ist, dass Van Looy trotzdem zu erzählerischen Tricks greifen muss, die derart durchsichtig oder widersprüchlich sind, dass man als Zuschauer um Durchhänger nicht herum kommt. Ohne viel zu verraten, sei hier kritisiert, dass falsche Spuren legen vielleicht eher etwas für Vorpubertierende ist, nicht aber für durchschnittlich wache Zeitgenossen. Irgendeinmal langweilen einen die falschen Fährten. Ärgerlich wird es dann, wenn die ermittelnden Kriminalbeamten so hilflos wirken, dass die dann irgend einmal im Dialog selber feststellen müssen, dass sie nicht so doof sind. Das ergibt den einzigen Lacher in diesem Film, der ernsthaft ein Thriller sein möchte.

Das schafft er schon deshalb nicht wirklich, weil dem Kameramann offensichtlich jedes Talent abgeht, die Bilder in einem echten Thrill festzuhalten. Darum hier der Fernrat: Schaut euch bei Hitchcock um, der wusste mit minimalsten Mitteln, wie man eine simple Geschichte mit wenigen Kameraeinstellung auf Hochspannung trimmte.

Mein LetterboxD-Verdikt: 2 Sterne.

Montag, 16. März 2015

Man in the Machine

Was ich eigentlich nicht beabsichtige, ist hier Filme vorzustellen, die noch gar nicht im Kino sind, schon gar nicht bei uns in der Schweiz. Doch heute will ich eine Ausnahme machen.

Da kommt ein Dokumentarfilm über Steve Jobs: Man in the Machine  auf uns zu, der seit zwei Tagen offensichtlich zu reden gibt. The Hollywood Reporter berichtet von fünf Schlüsselstellen im Film von Oscar-Gewinner Alex Gibney, der offenbar keine Rücksicht auf Verluste nimmt und ein Portrait eines Mannes abliefert, der nahezu Popstar-Dimensionen erreicht hatte, obwohl er doch "nur" Computer baute.


Wir sehen hier einen kurzen Ausschnitt aus dem Film von Gibney mit Bob Belleville, Director of Engineering beim Macintosh von 1982 to 1985.  


Auch Variety berichtet vom ersten Screening und nennt das Biopic als zu tiefst kritisch. The Guardian meldet den Film als "Steve Jobs - seine saure Seite" an. Im Daily Beast wird der Film gar als Anti-Steve-Jobs-Film bezeichnet.


Alex Gibney ist ein Produzent und Filmemacher bekannt für Enron: The Smartest Guys in the Room (2005), Taxi to the Dark Side (2007) und Mea Maxima Culpa: Stille im Haus des Herrn (2012).


Man in the Machine wurde von CNN produziert und soll erst nächste Jahr ausgestrahlt werden. Falls eine Verleiher gefunden wird, rechnet man damit, dass er im Herbst in den USA in die Kinos kommt.


P.S. Mein Interesse an Steve Jobs ist evident. Ich war von 1984 bis 1993 Apple Wiederverkäufer in der Schweiz. Irgendwann Ende der 70er Jahre las ich das erste Mal von Jobs und Wozniak. Es gab einen Artikel im TELL, ein links-revolutionäres Szeneblatt der 70er Jahre, das von den beiden berichtete. Hauptsächlich ging es damals um die Bluebox, mit der man quasi das Telefonsystem knacken und so gratis telefonieren konnte. "Personal Computer" war damals noch kein Begriff. Da ich zu dieser Zeit das Technikum besuchte und mich auch mit Computer und Programmierung beschäftige und im Rest meiner Zeit politisch überengagiert war, beeindruckten mich die beiden Hippies sofort und ich heftete mich an deren Fersen...


P.P.S. Zu Bob Belleville gibt es diese Story:
And Then He Discovered Loops!

Author:Andy Hertzfeld
Date:April 1982
Characters:Bob Belleville, Rich Williams
Topics:Software Design, Management
Summary:Bob has written many lines of code
Bob Belleville in 1983
We interviewed quite a few candidates to replace Bud as the software manager before encountering Bob Belleville, who was one of the main hardware designers of the Xerox Star, the first commercial computer with a graphical user interface. He was intelligent and soft-spoken, and dryly skeptical about human nature. One of his many aphorisms was "The Law of Conservation of Misery" (no matter what course of action is taken, the total human misery in any given situation is maintained), which seemed particularly applicable to large computer companies.


Bob's background looked to be a lot stronger in hardware than software, so we were somewhat skeptical about his software expertise, but he claimed to be equally adept at both. His latest project was a rebellious, skunk-works type effort to make a low cost version of the Star called "Cub" that used an ordinary Intel microprocessor (the 8086), which was heresy to the PARC orthodoxy, who felt that you needed custom, bit-slice processors to get sufficient performance for a Star-type machine. Bob had written much of the software for Cub himself.

"I've got lots of software experience", he declared, "in fact I've personally written over 350,000 lines of code."

I thought that was pretty impressive, although I wondered how it was calculated. I couldn't begin to honestly estimate how much code I have written, since there are too many different ways to construe things.

That evening, I went out to dinner with my friend Rich Williams, who started at Apple around the same time that I did. Rich had a great sense of humor. I told him about the interview that I did in the afternoon, and how Bob Belleville claimed to have written over 350,000 lines of code.

"Well, I bet he did", said Rich, "but then he discovered loops!"

Quelle: CC: http://www.folklore.org/StoryView.py?project=Macintosh&story=Discovered_Loops.txt&sortOrder=Sort+by+Date&characters=Bob+Belleville - Abgerufen am 16.3.2015


Freitag, 13. März 2015

Citizenfour

Habe Citizenfour gesehen. Da bekommt man ohne entsprechende Vorwarnungen die geballte Ladung missbrauchter Staatsmacht auf den Kopf gehauen. Was da im Namen - von wem eigentlich? - getrieben wird, spottet jeder Beschreibung. 

Uns ist mit dem Internet wohl die grösste Freiheit der Menschheitsgeschichte entstanden. Nun hat das Web ein Monster geboren. Das Monster muss "Demokratiekiller" genannt werden. Von sich anmassenden Beamten gezüchtet und zur vollen Blüte gebracht und von überforderten Politikern gehätschelt und alimentiert.

Kommt im Film nie vor, aber er dirigiert als Direktor der NSA die Globalüberwachung: James R. Clapper

Wenn wir dieser Tatsache und jeder weiteren Entwicklung nicht radikal Einhalt gebieten, wird das Internet zum Gefängnisvorhof von Jedermann, nicht nur von Edward "Citizenfour" Snowden.


Der mehrfach preisgekrönte Dokumentarfilm von Laura Pointras über Edward Snowdon und Glen Greenwald  erzählt in dichten und exklusiven Bildern den ganzen Prozess der Aufdeckung des NSA-Skandals. Man kann sich nun vorstellen, welche Risiken Snowdon eingegangen ist und wie er unter einer permanenten Anspannung stand und vermutlich immer noch steht. Wer auf solche Weise die noch nicht gesühnten Verbrechen aufdeckt, muss wohl mit dem Schlimmsten rechnen. Nur die Geschichte wird ihm wohl recht geben.

Dieser Film muss Pflichtstoff für jede und jeden sein, dem die Freiheit und Verantwortung am Herzen liegt. Und vor allem all jener, die in ihrem Land dafür sorgen wollen, dass die Nachrichtendienste in ihren Möglichkeiten eingeschränkt werden. So muss zum Beispiel die erneute Revision des BÜPFs in der Schweiz mit allen demokratischen Mitteln bekämpft und verhindert werden. Keine weiteren Budgeterhöhungen für Nachrichtendienste mehr, muss die Losung heissen.


Um es klar zu machen. Ich bin nicht gegen den Kampf der Feinde der Demokratie und ich erwarte auch, dass Verbrechen in all seinen Formen verhindert oder geahndet werden sollen. Aber nicht für den Preis, den die NSA vorgegeben hat. So etwas können wir uns nicht leisten.

Und noch etwas direkt an Edward Snowden gerichtet:

Ob Sie in der aktuellen Schweiz wirklich gut aufgehoben wären, müssen Sie sich schon gut überlegen. In unserem Land herrscht Xenophobie und auf unsere Behörden ist nicht auf jeden Fall Verlass, zumal sich die Behörden unter Druck einer rechtsextremen Partei gesetzt sehen. Würde Sie diese Partei mit offenen Armen empfangen, sähe ich Sie unter bestem Schutz. Ich befürchte aber, dass Sie mit dem was Sie getan haben, nicht dem Idealtypus dieser Partei entsprechen. 

Donnerstag, 12. März 2015

Route 66 - und er tut es wieder!

Es ist ja nicht eine einfache Sache so ein Abenteuer zu finden, bei dem man nicht unbedingt Kopf und Kragen riskiert. Dres Balmer ist Spezialist für solche Abenteuer.


Dres Balmer mit Rückenwind
Dres Balmer, bekannt als Reiseführer aus der SRF3-Samstagmorgen-Sendung "Uf und dervo", hat den Veloreiseführer Route 66 geschrieben.

Das heisst, Balmer fuhr die rund 4'000 km lange Überlandstrasse zwischen Chicago und Los Angeles mit dem Velo ab, um uns darüber berichten zu können, was es Sehenswertes und weniger Sehenswertes oder gar nichts zu sehen gibt entlang dieser legendären Strasse der Hoffnung.


Balmer schreibt wie er redet. Das ist unbedingt nötig, denn er macht beides auf sehr unterhaltsame und originelle Weise. Wer den Berner Oberländer Dialekt mag, wird ihn im Ohr haben, was seine Schilderungen noch authentischer macht.

Es gibt unzählige Route-66-Führer. Ich habe diesen gewählt, weil ich mir erhoffte mehr zu erfahren von einem, der das mit dem Velo machte als einer, der die Strecke mit dem Auto abfährt. Ich wurde nicht enttäuscht. Balmer hat Dinge erlebt, die man als Autofahrer, selbst in einem Cabrio, gar nicht vor den Kühler bekommt. Er hingehen reichlich Dinge vor das Guidon. Ich rede nicht von den unzähligen Plattfüssen, die Balmer reparieren musste und auch nicht vom Gegenwind, Balmer's grösster Feind auf dieser Tour. Ich meine etwa den Zustand der Strassen und speziell die Pannenstreifen oder die Menschen, die beim Velo immer auf Rufweite zu erreichen sind. Und wo sonst als bei einem Velofahrer bekommt man ein Inventar darüber geliefert was sich neben der Fahrbahn findet?

Mir wäre es nie in den Sinn gekommen, mit dem Velo die Route 66 abzufahren. Nicht weil ich dazu etwa a priori zu faul oder zu feige wäre, ich fahre zuhause immer Velo, besitze nicht mal ein Auto, sondern weil ich gelernt habe, dass man in den USA ohne Auto so ziemlich chancenlos verloren ist. Balmer geht das so und er beschreibt seine Befürchtungen und die Lösungen dazu auch. Er ist eiN Meisterdresseur seines inneren Schweinehundes. So darf man den Reiseführer auch lesen.

Macht genau dieser Effekt dann das eigentliche Abenteuer aus? Nicht aus meiner Sicht. Denn mein Trip wird wieder mit meinem Sohn sein, mit dem ich letztes Jahr im Sommer die Florida-Tour machte. Siehe dazu unseren On-The-Road-Trip-Blog.
Wir planen im Sommer 2016 in Detroit einen Ford Mustang Convertible zu kaufen und dann die Tour Detroit-(Zu Besuch bei Verwandten)-Chicago-Oklahoma(ein weiterer Verwandten-Besuch)-Los-Angeles-San-Franzisco-Silicon-Valley zu unternehmen. Ziel ist die Standford University, wo wir erkunden wollen, was wir dort lernen könnten.


Doch nach der Lektüre von Balmer's Reiseführer wanke ich. Könnte man die Tour auch anderes organisieren? Es ist ja noch eine Zeit bis dahin. LAssen wir die Entscheidungen reifen.

Ich fragte bei Dres Balmer nach. Vielleicht hat er noch ein paar aufmunternde Argumente, sich die doppelte Zeit zu nehmen. Ich wollte wissen:


1. Würden Sie diese Tour nochmals machen? Oder eine ähnlich lange und anstrengende?
2. Nicht nur aus Sicht der Amerikaner ist ein solches Unterfangen ein Projekt eines Eigenwilligen. Warum soll man einmal im Leben so etwas tun und was kann man sich und den anderen damit beweisen? Muss man sich in einem bestimmten oder unbestimmten Alter so oder anders heraus fordern?
3. Was bleibt nach einem solchen Abenteuer zurück?

Dres Balmer's Antworten gebe ich hier 1:1 wieder:


1. Noch einmal machen? Ja, dieses Jahr vom 1. Mai bis 1. Juli, mit sechs Radlerfreunden und einer Velofreundin. Lang, anstrengend? Lang: Die Route 66 ist mit ihren rund 4'000 Kilometern und 18 000 Höhenmetern ein eher mildes Unternehmen im Vergleich zu den Umrundungen des Schwarzen Meers und der Ostsee, die wir danach unternommen haben, bei denen man auf bis 5'500 km 50'000 Höhenmeter schluckt. Wie anstrengend ?: Das kann der Fahrer stark mitbestimmen. Es gibt Leute, welche die R 66 in drei Wochen machen und sich so auf den Sport konzentrieren. Ökonomische Fahrweise und ein paar Ruhetage mildern die Anstrengung. Dann: Den meisten Menschen ist nicht bewusst, ein wie effizientes Fortbewegungsmittel das Velo ist, mit wie wenig Kraft man wie weit kommt. Der Wirkungsgrad beim Velofahren ist ein Vielfaches des Wirkungsgrades von Motorfahrzeugen. Die Meisten denken: Jesses Gott, 4'000 Kilometer mit dem Velo, und wissen nicht, dass auch ungeübte Anfänger nach einer Woche locker hundert Kilometer am Tag radeln. Es gilt da nur, Vorurteile hinter sich zu lassen, verbreitete Unkenntnis durch eigene Erfahrung abzubauen, dann ist es wie eine Erleuchtung. Und dann ein wenig psychologische Selbstüberlistung: Die Zahl viertausend vergessen, höchstens an hundert denken, und nach einer Woche stellt man staunend fest, dass man schon siebenhundert, also ein Fünftel des Gesamtkunstwerks, geschafft hat. 

2. Eigenwillig. Die Route 66 ist ein Monument der USA, der Geschichte der Automobilität, des Amerikanischen Traums vom Paradies im Westen, von der Enttäuschung dort (–> Früchte des Zorns), sie ist eine der schönsten und traurigsten Landstrassen der Welt, sanft, mit nur einem Pässchen. Sie ist eine grandiose Einladung an Velofahrer, und für einen solchen Klassiker braucht es eigentlich nicht viel Eigensinn, aber ein wenig Entschlossenheit, Ausdauer und Geduld schon. 

Im Vergleich zu wackerer Tourismus-Ästhetik allerdings braucht es für die Fahrt schon etwas Eigensinn. Der Tourist fragt: Was gibt es auf der Route 66 für Sehenswürdigkeiten zu bewundern? Antwort: Fast keine. Also geht der Tourist, welcher Death Valley, Yosemite und Las Vegas braucht, an diese Orte, und die Route 66 ist da für Reisende, die Anderes sehen können als Sehenswürdigkeiten.

Warum man es tun soll? Lebe deinen Traum, statt nur vom Erlebnis zu träumen, oder so ähnlich. Beweise? Es ist körperliche, seelische, geistige Lebensfreude. Dann das Verschiebe-Phänomen: Die meisten sagen, sie machen die Route 66, wenn sie pensioniert sind, dann aber haben sie einen dicken Bauch und sind faul geworden, machen sie nicht.


3. Schöne Erinnerungen, Freude, ein bisschen Stolz, und Lust, Ähnliches zu probieren.

Dienstag, 10. März 2015

Le Printemps du Cinema

Drei Tage lang für 3.50 Euro ins Kino. Das kann man zum Frühlingsbeginn in Frankreich. Damit wirbt die französische Fédération National des Cinémas Français gegenwärtig in den Kinos für den Besuch der Kinos.

Das wird mit einem Spot besonderer Güte hier getan:


Wer erkennt sie nicht, die vier Schwiegersöhne?
(Es soll Leute geben, die diese köstliche Komödie nicht gesehen haben: Monsieur Claude und seine Töchter.)

Aber nicht nur einen Kinospot lassen die Franzosen laufen, sondern auch gerade eine ganze Webseite steht für diese Aktion zur Verfügung: Le Printemps du Cinema

Ich finde das alleweil eine bessere Massnahme die Leute wieder ins Kino zu bringen als diese Drohungen über Filmpiraterie. Werbung gegen Filmpiraterie ist eh Werbung für Filmpiraterie. Das haben erstaunlicherweise die deutschsprachigen Kino- und Filmmanager noch nicht geschnallt.

Sonntag, 8. März 2015

Sling Blade

Eine dichte Sozialstudie über den geistig behinderten Karl, der als Jüngling seine Mutter und deren Liebhaber mit einer Sichel (Sling Blade) umbrachte. Ein fataler Irrtum, wie er dann später in der psychiatrischen Klinik lernte. Viele Jahre später wurde er aus der Klink als "geheilt" entlassen, um ein "normales bürgerliches" Leben zu führen. Das liess sich auch gut an, obwohl der völligen Unterstützung beraubt und überhaupt nicht auf ein Leben da draussen vorbereitet. Und es kommt wie es kommen muss. Er gerät wieder in eine kleinkarierte und komplett vermiefte Lage und die Geschichte entwickelt sich zu einem unentrinnbaren Sog.

1995 schrieb, drehte und spielte Billy Bob Thornton diesen langsamen, eindringlichen Film. Mit 860'000 $ verbrauchte Thornton ein "Schweizer Budget" und erntete bis 1997 24.5 Mio. $ alleine in den USA. Nun wird der Film über die digitalen Kanäle neu aufgelegt.

Der Film hat nichts an Aktualität verloren. Das Problem der sozialen Verwahrlosung der Unterschicht ist nicht ausgeräumt. Im Gegenteil. Austeritätspolitiken in den westlichen Gesellschaften sorgen für die Verschärfung der sozialen Unterschiede. Eine Entwicklung, die mit Sicherheit keine Rücksichten auf die Schwächsten in den Gesellschaften nimmt.


Thorntons Film ist auch ein Buddy Movie, tauchen doch in Kürzestrollen Robert Duvall und Jim Jarmusch auf.

Der für mich überraschende Independent Film verdient 4 Sterne.

Samstag, 7. März 2015

Chappie

Wem District 9 gefallen hat, dem wird Chappie auch Freude machen. Obwohl Chappie auf Hollywood-Glanz poliert wurde. Das ist sehr schade, weil District 9 schon sehr punkig und näher an der südafrikanischen Realität war. Daraus leidete sich eine Ästehik ab, die man vorher so noch nicht zu sehen bekam.

Chappie erzählt uns die Geschichte von der Vision menschlicher Gefühle fähigen Robotern. Wir sehen, dass der Mensch an sich böse ist und die guten unter ihnen ständig unter die Räder der Bösen kommen. Den Guten muss geholfen werden und das geschieht dadurch, dass das menschliche Bewusstsein auf Roboter übertragen werden kann. Die Bösen arbeiten derweil am bösen Polizeiroboter der alle bösen Gangster dahinraffen soll. Klar, dass die Grenzen zwischen den guten Bösen und den bösen Bösen verwischen und die einen plötzlich auf der Seite des anderen sind. Es mutet dialektisch an, dass am Ende...doch das sei hier nicht verraten, wenn es im Film selber bald klar ist wohin aus das alles laufen soll.

Richtig lustig ist der Einfall, dass die in die Tage kommenden Schauspieler Sigourney Weaver und Hugh Jackmann die Bösen spielen die die Guten sein sollten und die Jungen Darsteller Dev Patel (Who want to be a millionair?) und Sharlto Copley auf der richtigen Seite stehen.

Trotzdem der talentierte Drehbuchautor und Regisseur Neill Blomkamp sich hollywoodisieren lässt (er machte zwischen District 9 und Chappie den Blockbuster Elysium mit Matt Demon), gebe ich dem Film 3.5 Sterne und ein Like.

Freitag, 6. März 2015

Oops! Noah is gone...

Zwar wird der Film Oops! Noah is gone... als Familienfilm angepriesen. Doch er vermag als "Erwachsener Film" nicht volle 85 Minuten zu packen. Es ist in meinen Augen ein klassischer Kinderfilm, dessen Länge sowohl den Kindern wie auch den Produzenten einiges noch einiges abverlangen wird. Die Kinder müssen sich in Konzentration über die Länge von zwei Unterrichtslektionen üben. Und die Produzenten in Verkaufskunst.



Der von Ulysses Filmproduktion, (D), Fabrique d'Images (Lux), Grid Animation (Bel) und Moetion Films (IRL) in Koproduktion hergestellte Film ist für mich ein typischer europäischer Anti-Marketingfilm, weil sich die anvisierten Teilzielgruppen nicht im Film wiederfinden können.  Dabei kritisiere ich keineswegs die sorgfältige und sehr ästhetische und fantasievolle Umsetzung, sondern eben den Mangel an der Vielschichtigkeit der erzählten Geschichte. Für Erwachsene taugt sie nicht und man quält sich über die Zeit. Hat man die Pflicht, mit 5-6-Jährigen ins Kino zu gehen, wird man sich vermutlich sehr nerven müssen, weil sich die Kleinkinder keine 85 Minuten auf die Leinwand bannen lassen. Also fragt sich: für wen wurde der Film gemacht?

Der Film wird in LetterboxD nicht geführt. Ein weiterer Hinweis darauf, dass Mangel an Marketingwissen herrscht. Entsprechend will ich ihn nicht bewerten.

Yellowbird oder Gus - Petit oiseau, grand voyage

Die französisch-belgische Koproduktion Yellowbird, die auch in einer bemerkenswerten  englischen Version vorhanden ist, hat es wirklich verdient, ein grosser Erfolg im Kino und den anderen Verwertungen beschieden zu sein. Dass es so kommen wird, davon zeugen die Kinoeintritte in Frankreich von über einer halben Million. In der Schweiz soll der Film im Juni in die Kinos kommen.

Was den Film auszeichnet, ist seine visuelle und erzählerische Qualität. Auch hier darf man feststellen, dass die Europäer sich inzwischen nicht mehr hinter den amerikanischen Animationshäusern verstecken müssen. Die Ästhetik der Bilder ist hinreisend.

Der kleine gelbe Vogel, einem echten Vogel ornitologisch genau nachgezeichnet, wie im Übrigen alle anderen Vögel auch, muss sich als Aussenseiter einer blauen Vogelfamilie bewähren und die Familie in den Süden führen, nachdem das Familienoberhaupt von Katzen gejagt, aber nicht erwischt wurde, seinen Verletzungen aber  trotzdem erlag. Erst aber, nachdem er seiner Tochter, die ihn der selben Altersgruppe angehört wie der oft zerknitterte gelbe Vogel, zuflüstern konnte, dass der gelbe Vogel sie sicher nach Afrika führen würde. Dass dies dem Nebenbuhler von Gus, wie der gelbe Vogel in der französischen Version heisst, nicht passen würde, ist dem Storytelling geschuldet und sorgt für die unausweichlichen Konflikte.

Yellowbird schafft es locker einen Spannungsbogen über 90 Minuten auszufüllen. Gewisse Längen mag man ihm nachsehen, weil die Bilder immer faszinierend bleiben.

Erwähnenswert sind übrigens auch zwei der 11 Vogelstimmen. Danny Glover spricht den Darius, Dakota Flemming den weiblichen Hauptpart der grazilen Delf sowie Seth Green, der Stimme von Chris Griffin aus Family Guy, den Yellowbird Gus.

Ich gebe dem Film 4 Sterne bei LetterboxD.

Donnerstag, 5. März 2015

Mortadelo & Filemon. Mission: Implausible

Es ist vorauszuschicken, dass Mortadelo & Filemon in der hispanischen Kultur etwa so bekannt ist wie Tim & Struppi oder Asterix und Obelix. Davon zeugt die Google Seite.
Es existieren auch Realfime (hier ein Beispiel) mit diesen zwei Charakteren.

Doch ich schreibe hier über den Animationsfilm Mortadelo & Filemon. Ich möchte es vorneweg nehmen und ein Warnschuld anbringen: Menschen mit Herzproblemen sei die Rezeption dieses Werkes abgeraten! Zielpublikum sind vermutlich ADSL geschädigte Menschen, denen rasanter Filmschnitt als schwacher Versuch vorkommen muss, sie nervös zu machen.

Nun, ich kann eigentlich kein fachmännisches Urteil über diesen Film abgeben, weil ich Minuten lange Pausen eingelegt habe und weggenickt bin. So reagiert bei mir mein Hirn, wenn es von einem Bildersturm heimgesucht wird.

Inhaltlich lässt sich wenig sagen, sondern man kann nur auf den Untertitel verweisen: Mission: Implausible. Volle 91' Minuten lang wird auf die beiden Spione - das ist wohl der eigentliche Job der beiden Figuren - eingedroschen, dagegen wirkt Tom & Jerry wirklich wie aus dem letzten Jahrhundert.


Doch die Produzenten haben am Markt recht bekommen. Sie verzeichneten alleine in Spanien 6 Mio. Ticketverkäufe. Was sich im südamerikanischen Hinterland des spanischen Gesamtmarktes so zusammen sammeln lässt, dahin wurde der Film schon verkauft, wurde an der Cartoon Movie nicht kommuniziert. Da Warner Bros. den Film vertreibt, ist damit zu rechnen, dass auch andere Märkte das Vergnügen haben werden diesen Film zu sehen zu bekommen.

Ich habe keinen Stern  für dieses Projekt übrig.

Obiger Trailer stammt aus der ersten Cartoon-Umsetzung. Einfach mal so zur Stilstudie.

Mittwoch, 4. März 2015

Shaun the Sheep

Kann man einen 85 Minuten dauernden Film ohne einen einzigen Dialog durchziehen, so dass ein professionelles Filmpublikum andauern lachen kann? Kann es mit einem Animationsfiilm machen? Zur Zeit des Stummfilms konnten das alle. Inzwischen ist der Film sehr geschwätzig geworden. Aber Mark Burton und Richrd Starzak von Aardman Animations konnten das mit Shaun The Sheep. Erlebt habe ich den Vorgang an der Branchenkonferenz Cartoon Movie in Lyon am 5. März 2015. Der Film hat nicht nur vor dem Fachpublikum bestanden, die Macher wurden sogar als beste Directors mit dem Cartoon-Branchenpreis geehrt. Mark Burton ist übrigens bereits für Grossproduktionen wie Madacaskar, Chicken Run und Wallace & Grommit bekannt.


Mit Shaun the Sheep, der auch bald in die Schweizer Kinos kommen wird, ist den beiden Meistern des Fachs ein vergnüglicher Familienfilm gelungen, der sich hinter keiner Pixar Produktion zu verstecken braucht. Shaun ist längst ein bekannter Animationscharakter und vielen Kindern auf der ganzen Welt bekannt. Ein Blick auf das Angebot bei Amazon belegt die Vielfalt.

Der mit einem Budget von geschätzten 12 Mio. Euros realsierte klassische Stop Motion Film ist derart auf Details versessen, dass man vor lauter Schauen nicht merkt wie die Zeit verstreicht. Und nicht nur das, der Film strotzt vor cinematografischen Zitaten. Es kommt einem so vor als ob jede zweite Szene an irgendeinen anderen Film erinnert, aber das könnte auch nicht stimmen. Der Film hat grosses cineastisches Format. Neben Planet der Affen und Hannibal Lector werden auch die Beatles verappelt. Wer entdeckt noch andere?








Wann genau Shaun in der Schweiz ins Kino kommt, ist mir nicht bekannt. Wer sich aber heute schon damit beschäftigen will, findet Informationen auf der deutschen Webseite: Shaun das Schaf.



Ich gebe dem Film 4 Sterne und ein like.

Montag, 2. März 2015

American Sniper

Wenn der Republikaner Clint Eastwood einen Kriegsfilm dreht und ihn American Sniper, mit Bradley Cooper in der Hauptrolle, nennt, dann geht man da mit den Vorurteilen "Heldenepos" und "Patriotische Elogie" ins Kino. Und man wird nicht eines anderen belehrt. Leider, denn Eastwood hat schon einen eindeutigen Anti-Kriegsfilm abgeliefert: Flags from our Fathers.

Allerdings, in American Sniper ist der Held nicht einfach ein Held, sondern ein Mensch, eine Rolle an der man sich reiben kann. Das Primat der Gewalt ist beim demokratischen Staat. Dieser Staat aber delegiert den Vollzug seiner Gewalttätigkeit an Menschen und die tun dann ihren Job. Dabei frägt der Staat nicht, und erprüft nicht, und wägt nicht ab, was mit solchen Menschen dann wirklich geschieht. In solchen Filmen stehen die Täter, die in der Folge auch Opfer sind, immer alleine da. Daraus besteht der Hauptkonflikt solcher Movies.

Eastwood's Sniper geht dreimal in den Irak und killt dort auf Distanz 160 Menschen, von denen wir die Gründe, warum sie vor den Lauf des staatlich lizenzierten Killers geraten, nichts erfahren. Es ist ja auch Krieg und im Krieg gibt es Opfer. Opfer, die uns nicht zu interessieren haben. Denn nur ein toter Terrorist ist ein guter Terrorist. Mehr gibt es zu ihm und seinen Umständen nicht zu sagen.

Eastwood ist ein Meister seiner Kunst und darum gibt es in diesem Film auch meisterhafte Wendungen und eine meisterhafte Inszenierung. Er organisierte einen beängstigenden Symbol schwangeren Wüstensturm, in dem sich die amerikanischen Soldaten verirren und jede Orientierung verlieren. Damit bricht Eastwood die patriotische Attitüde, die an dieser wahren Geschichte anhaftet. Wüstensturm ist die totale Desorientierung, die naturgegebene Sinnlosigkeit, die zerstörende Kraft durch Milliarden von Sandkörner die in Schallgeschwindigkeit durch die Luft jagen. Der Wüstensturm macht den Film American Sniper zum Anti-Kriegsfilm.


Kriegsfilmen gebe ich aus Prinzip nicht mehr als drei Letterboxd-Sterne, diese aber hat dieser Film verdient, sowieso mit dem Komödianten Cooper in einer gewandelten Rolle. Und meine Vorurteile habe ich auch etwas relativiert.

Montag, 23. Februar 2015

The Theory of Everything

Die Entdeckung der Unendlichkeit ist die Entdeckung des neu Oscar dekorierten Eddie Redmayne als Charakterdarsteller. Erstmals aufgefallen ist er in der Hauptolle in Säulen der Erde. Aktuell zu sehen ist er auch in Jupiter Ascending.

Auf der Basis der Autobiografie Travelling to Infinity: My life with Stephen von Jane Hawking erzählt der Film in dokumentarischer Dichte das Leben von Stephen Hawking, dem hoch dotierten Wissenschaftler der Theoretischen Physik.

Trotz seiner unheilbaren Nervenkrankheit namens Amyotrophen Latersklerose, die zu einer vollständigen Lähmung aller Glieder, inkl. Sprachzentrum führt, setzte Hawkings seine Forschungen bis zum heutigen Tag fort.
Der Film konzentriert sich auf den Beginn seines Studiums bis hin zur Trennung seiner Frau Jane Anfang der Neunziger Jahre.

Entdeckung der Unendlichkeit ist kein Actionfilm. Er folgt einer stupenden Chronologie der Ereignisse und lebt 100%ig von der Darstellung Stephen Hawking durch Redmayne. Die dokumentarische Strenge und das Schauspiel  entwickeln einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Regisseur Paul Marsh, der für seinen Dokumentarfilm Man on Wire bereits einen Oscar erhielt, verzichtete nicht einmal darauf, Hawking so schier unverständlich sprechen zu lassen, wie das in der Realität wohl ist. Und als Hawking dann einen Sprachcomputer erhält, macht das den Austausch mit ihm auch nicht viel angenehmer. Doch Leben und Inhalt dieses aussergewöhnlichen Zeitgenossen faszinieren und entlassen einen nicht per Seitenausgang aus dem Film.

Getragen wird Film wie Geschichte auch vom unerschütterlichen Humor Hawking. Zwar liess er sich von der Queen ehren, doch als Sozialliberaler verweigerte er bis anhin die Aufnahme in den Ritterstand. Das ginge ihm zu weit, ihm, der sich auch keinen Diktator im Universum vorstellen kann.

Der Film ist solide, die schauspielerische Leistungen Remaynes wie auch seiner Frau Jane, gespielt von Felicity Jones, herausragend. Deshalb gebe ich dem Film bei LetterboxD 4 Sterne und ein Like.


Nachtrag:

Auf Quora meldete sich ein von ASL betroffener Mann, der die Frage stellte, was jeden sexuell interessierten Menschen in diesem Film vermutlich beschäftigte. Wie konnte Stephen Hawking Kinder zeugen?

Hier der Post:

How did Stephen Hawking have children?

This is a serious question and not intended to be offensive.
9 ANSWERS
Eric ValorEric ValorI am a PALS (Person(s) with AL... (more)
3.8k upvotes by Elizabeth H. Simmons (Particle Theorist, Dean, and Physics Professor ... (more) )David Chan (MD from UCLA, Stanford Oncology Fellowship)Vinay Kumaran (Consultant and Head, Liver Transplant and HPB S... (more) )Abhijeet Borkar(PhD student in Physics (Astrophysics))Ankit Bhargava (Physician and consultant at Partners HealthCare)(more)
Well, you see, when a daddy and a mommy love each other very much...

OK seriously, I am like Professor Hawking in that I am also quadriplegic and on a vent due to advanced ALS. I also enjoy an active and satisfying sex life with my significant other. ALS only affects the nerves which control the voluntary skeletal muscles, not the love muscle. Sexual arousal and function is controlled by the Parasympathetic nervous system. With a little imagination and care, sex is still very doable and much the same as when I was healthy. The outcome (and output) is every bit the same. Without the usual protective measures, the result in approximately 9 months is also the same.
  

..and the Oscar goes on...

Ähm, ich habe mich dieses Jahr kaum mit dem Oscar beschäftigt. Es wird immer schwieriger, weil immer weniger der nominierten Filme ins ordentliche Kinoprogramm in Biel kommen. So kann man nicht vergleichen. Ich habe den Eindruck, dass es schon besser war und man alle Filme sehen konnte.

Ich habe vermutet, dass Birdman nicht den Oscar für den besten Film bekommt, dafür aber Michael Keaton den für den besten Hauptdarsteller. Es ist nun umgekehrt gekommen. Ansonsten hatte ich keine Vermutungen.

Ich bedaure, dass der Kurzfilm-Oscar nicht in die Schweiz gekommen ist. Die Produktion Parvaneh aus dem Hause Contrast Film meiner beiden guten Bekannten Urs Frey und Ivan Madeo hat es leider nicht zu Oscar-Ehren gebracht.
 
PARVANEH - Trailer from hiddenframe on Vimeo.

Trotzdem dürfte Contrast Film ein Ernte reiches 2014 feiern mit dem Der Kreis vorneweg. Der Titel "Erfolgreichste Schweizer Filmproduktionsfirma des Jahres 2014" dürfte Contrast sicher sein.

Hier geht es zur Oscar-Gewinnerliste.




Sonntag, 22. Februar 2015

Wild Card

Als Fan von Jason Statham würde ich mich nicht unbedingt verstehen. Ich mochte ihn in den Transporter-Reihe als Gentleman-Martial-Art-Kämpfer. Aber in diesem neuen Film Wild Card vergibt er und die Crew so ziemlich alles was man vergeben kann.

Zufälligerweise spielt der Film im selben Milieu wie The Gambler mit Mark Wahlberg. Erreicht aber nie dessen Spannung und Hintergründigkeit. Es geht um einen abgetakelten Bodycard, der etwelche Mühe bekundet mit Spielsucht umzugehen. leider schafft Statham diesen Part nicht. Es geht ihm die Tiefgründigkeit eines Suchtkranken komplett ab. Wir sehen einen Statham an der Grenze seiner Schauspielkunst.

Alles ist ausgesprochen plump. Der miese Schnitt bei den Prügeleien, die spannungslose Story, die Drittklasse-Mit- und Gegenspieler. Und es gibt nicht den Hauch einer Frauenfigur, die einen Helden erst zu einem Helden macht. Vielleicht mag ich seine Ex-Freundin Holly einfach nicht, weil die ihrem Übeltäter mit einer Gartenschere an die Kronjuwelen geht. So etwas tut man auch in einem Film einfach nicht. Eine Tracht Prügel von Statham müsste vollauf genügen.

Das Budget für diesen Film soll 30 Mio. $ betragen haben. Keine Ahnung, in welchen Teil das Geld gesteckt wurde. Man sieht davon den ganzen Film nichts. Mit soviel Geld würden europäische Autorenfilmer wesentlich mehr machen.

 Ich gebe dem Film bei LetterboxD bloss 1.5 Sterne.

Samstag, 21. Februar 2015

Birdman

Nein,  eine Überraschung ist es sicher nicht, dass Birdman neun mal Oscar nominiert ist. Und ich würde eine Bank setzen, dass Michael Keaton  für diese Rolle den Qscar auch bekommen wird. In 30 Stunden wissen wir mehr.

Doch der Film wird nicht reüssieren als bester Film. Alles in allem ist das Vexierspiel zu verwirrend. Leicht irritiert fragte ich mich ständig, um was es denn eigentlich gehe. Drama oder Komödie, das ist wirklich die Frage. Zum Lachen brachte mich der Film nicht, er machte mich eher nervös. Alleine der Gag, das Keaton sich als ehemaliger Batman selber spielt und sich hier selber aufs Korn nimmt, mag den Film nicht herausreissen. Auch der nerdige Zach Galifianackis mit seinen schier unmotivierten Auftritten gibt dem Film nicht das was eine wirklich gute Komödie ausmacht.

Bemerkenswert ist das Werk von Alejandro González Iñárritu aber schon. Er hebt sich eindeutig von allem anderen ab was 2014 in Hollywood produziert wurde. Seinen Hauptgegner im Oscar-Rennen Grand Budapest Hotel kann er aber das Wasser nicht reichen. Aber das ist ja auch eine UK/D-Produktion in Koproduktion mit den USA.

Ich belohne den Mut dieser Produktion mit 3.5 Sternen im LettervoxD-Rating.